Einen 911er zu besitzen war für mich schon lange ein Traum, nicht zuletzt weil ich 2003 die Möglichkeit hatte, einen 1973er Carrera RS zu fahren. Darum war lange ein F-Modell in Blutorange mein Traumauto (vorzugsweise ein 2.4S), die sind mir aber viel zu teuer geworden. Außerdem hat mich das Alter verweichlicht und schätze ich modernen Komfort wie Klimaanlage und Geräuschdämmung. Darum schaue ich mir schon seit einigen Jahren die Preisentwicklung der 996 und 997 Baureihen an. Daraus war deutlich ersichtlich, dass die Preise des 996 steigen (auch wenn es noch immer die günstigsten 911er sind) und dass die Preise des 997 stabil sind.
Doch hatte ich nicht erwartet, mir diesen Traum zu diesem Zeitpunkt erfüllen zu können, da wir eigentlich für andere Dinge gespart haben. Aber aus dem Bewusstsein, dass es noch eine Weile dauern könnte, bis diese realisierbar sind, man nie weiss, wie das Leven läuft, und der unsicheren Zukunft für Kfz mit Verbrennungsmotor, erschien jetzt doch der richtige Zeitpunkt. Ich habe mich erst nach einem 996 umgeschaut, die Entscheidung fiel dann aber doch zugunsten meines Traumautos, dem 997. Die erste 997 ist dem 996 technisch zwar sehr ähnlich, aber sowohl von der Optik als auch vom Innenraum her gefällt mir der 997 deutlich besser. Der 997 ist auch meine liebster wassergekühlter 911er, da die späteren Modelle deutlich größer sind und elektrische Servolenkung haben.
Ich hatte vier Anforderungen:
- Coupé
- Hinterradantrieb (also Carrera oder Carrera S)
- Schaltgetriebe
- Blauer Lack
Es gab drei blaue Lacke für den 997.1 (der 997.2 war außerhalb meines Budgets). Lapisblau war ein Sonderwunsch, Kobaltblau ist sehr selten. Nachtblau ist am häufigsten, aber auch dann gab es in den Niederlanden genau zwei Autos in dieser Farbe, die zum Verkauf standen.
Der erste war ein sehr früher Carrera S mit blauem Innenraum. Er hatte relativ wenig Ausstattung und anscheinend noch immer das originale (kleine) Zwischenwellenlager und die erste Kupplung – da hätte ich gleich €3.000-4.000 für den Tausch einrechnen müssen, da mir die Ausfallquote von 5-10% beim Zwischenwellenlager zu hoch wäre.
Der zweite war ein 2006er mit dem späteren großen Zwischenwellenlager und 200.000 km auf der Uhr. Die Ausstattung war recht ordentlich mit Xenon, schwarzer Lederausstattung, beheizten Sportsitzen, Graukeil und natürlich PCM mit Navi, CD-Wechsler und Telefonmodul. Das Fehlen des Schiebedaches ist selten, für mich aber ein Pluspunkt. Noch wichtiger war mir, dass der Motor vor zwei Jahren durch einen revidierten Tauschmotor ersetzt wurde. Ich konnte auch den zweiten Besitzer ausmachen, der das Auto mehr als 10 Jahre besessen hatte. Er konnte bestätigen, dass der Wagen unfallfrei war, und erzählte mir, dass er 2019 neu lackiert wurde.
Ich habe mir das Auto in aller Ruhe angeschaut und konnte keine Probleme entdecken. Der Händler hatte deutlich Ahnung von diesen Autos und ihren Problemen, da er den Wagen nicht bewegt hatte damit ich einen Kaltstart sehen konnte (Rauch ist ein deutliches Zeichen von Riefenbildung in den den Zylinderwänden). Nachteil: deutliche Gebrauchsspuren im Innenraum, wie Kratzer am Türöffner und Abrieb an der Lenkradspeiche. Bei diesen Autos muss man sich übrigens auch den Zustand der Klimakondensatoren, Bremsen und Schalldämpfer anschauen.
Die ersten Minuten der Probefahrt waren etwas gewöhnungsbedürftig. Ich fahre seit einigen Jahren praktisch nur noch weichgespülte Autos mit Schaltgetriebe, wodurch ich zuerst durch das harte Fahrwerk und die Geräuschkulisse überrascht war. Aber nach ein paar Minuten hatte ich mich daran gewöhnt, und nach der Probefahrt wollte ich wieder fahren – das gab letztendlich den Ausschlag, soviel Geld für ein Auto auszugeben. Ich verstehe jetzt auch, warum manche Leute den Carrera S (mit PASM und noch härteren Federn) zu hart für schlechtere Straßen finden, oder auf 18 Zoll Räder umsteigen. Ich habe das Auto für einen Preis bekommen, der Raum für Verbesserungen (Bluetooth und Tempomat) lässt.